Warum ein Reiseblogger auf Reisen nicht bloggt

Seit drei Wochen sind wir auf Reisen, und ich habe euch nicht daran teilhaben lassen. Was ist los?

Wolfgang und ich sind durch Florida getourt, zum zweiten Mal in zwei Jahren. Wir kannten den Großteil der Strecke schon: Landung in Tampa, weiter zu unseren Freunden, Fee und Wolfgang, nach Seminole bei St. Petersburg, Florida. Nach ein paar Tagen in Seminole mit ihnen weiter nach Sanibel, von dort aus nach Fort Myers Beach, dann nach Naples. Quer durch die Everglades, dann nach Key West, und nach ein paar sehr unterhaltsamen Tagen dort haben sich unsere Wege wieder getrennt: während wir nur ein paar Stunden Autofahrt nach Miami hatten, mussten sie den ganzen Tag lang fahren, um nach Seminole zurückzukehren. Und wir stiegen auf’s Schiff, auf die Europa 2, und starteten an demselben Abend eine zweiwöchige Kreuzfahrt durch die Karibik.

Zum einen also war es die nette Gesellschaft unserer Freunde, die mich vom Bloggen abhielt. Jeden Morgen standen Fee und ich früh auf und trafen uns um 7 Uhr zum gemeinsamen Strandspaziergang, während wir unseren Männern noch etwas Ruhe gönnten. Bis diese zum Frühstück fertig sein mussten, hatten wir so schon alle Probleme der Welt schon gelöst, und sie mussten sich nicht mehr darum kümmern. 😉 Tagsüber schauten wir uns die Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Orte am, wie man das im Urlaub so macht. Die Männer schauten den Fischern zu, schätzten den Wert der Yachten im Hafen, standen vor den Fenstern der vielen Immobilienmakler und überlegten, wo wir die fehlenden Millionen für die Villen im Foto herbekommen sollten. Fee und ich schauten in die Auslagen der Boutiquen, überlegten, ob wir nicht doch einen neuen Badeanzug brauchten, ich kaufte letztendlich (natürlich) einen Füller, und wann immer wir ein Michaels (amerikanisches Kaufhaus für Schreib-und Bastelbedarf) sichteten, stürmten wir hinein und suchten uns noch ein Rolle Washitape aus. Ich bin wohl süchtig nach diesem japanischen Papierklebeband, mit dem ich Briefe, Karten, und mein Reisetagebuch verziere. Abends ließen wir uns Fisch und Meerestiere gut schmecken, und rosa Tropencocktails (schade, dass die Papierschirmchen fehlten! ), zitronig-süßer Key Lime Pie und geradezu kitschige Sonnenuntergänge waren Beweise dafür, dass wir wirklich im Urlaub waren.

Und das reichte, um mich am Bloggen zu hindern? Nein! Ganz so leicht ablenkbar bin ich nicht. Was mich den ganzen Monat über beschäftigte, war NaNoWriMo. Ausgeschrieben heißt das National Novel Writing Month. Eine hauptsächlich amerikanische (mit national sind die USA gemeint) Erfindung: seit über 15 Jahren machen sich aktive und zukünftige Schriftsteller am 1. November ans Schreiben. Das Minimum sind 1667 Worte am Tag, das macht dann Ende November 50.000 Worte. Das ist genug für einen kurzen Roman. Ich glaubte nicht, dass ich das schaffen könnte. Wie lange braucht man für 1667 Worte, wie lange für 50.000? War ich verrückt, in einem Monat, von dem ich drei Wochen verreist sein würde, mir so ein Ziel zu setzen? Wollte ich nicht Florida sehen, entspannen, faulenzen, mit Freunden Spaß haben? Mit so einem Projekt ist es immer dasselbe: der Zeitpunkt passt nie. Immer hat ein Familienmitglied Geburtstag – bei mir waren es gleich 4 – und die Leute in USA hatten es noch schwerer mit der andauernden Konzentration, denn gegen Ende November ist Thanksgiving, das höchste Familienfest in USA, das üblicherweise liebevoll und aufwändig vorbereitet wird. Collegestudenten reisen nach Hause, die ganze Familie findet sich zusammen, und ein Truthahn mit sieben Beilagen muss auf den Tisch gezaubert werden. Was war dagegen eine Floridareise?

Also machte ich einen Test. Am 31. Oktober schrieb ich morgens, vor dem Aufstehen, einen Text, wie er zu meinem NaNoWriMo-Projekt passen würde. Ich wollte pro Tag ein Kapitel meiner China-Biografie schreiben, wollte meine Erlebnisse und Erinnerungen aus meinen zwölf Jahren in China zu Papier bringen. Ich bin Frühaufsteher, und zumindest diese Zeit, von 5 bis 8 Uhr morgens, war ganz meine eigene. Und ich schrieb an diesem Morgen in 1 1/2 Stunden das erste Kapitel, 1670 Worte, und mein Testlauf war erfolgreich. Aha, das war also machbar. Ich richtete mir auf der NaNoWriMo Webseite einen Zugang ein, in dem ich von nun an täglich meine Wortzahl hochladen musste. Und jeden Tag kroch ein kleiner Balken ein kleines Stück weiter voran. Ich konnte mein persönliches Diagramm ansehen: wie lag ich im Rennen, im Vergleich zum Soll? Schon bald lag ich etwas voran, das gab mir die Sicherheit, weiter auf Kurs zu bleiben, auch wenn ich mal einen Tag ausfiel. Aber ich fiel nicht aus. Schon bald war mir das tägliche Schreiben zur Gewohnheit geworden. Jeden Tag flossen die Erinnerungen nur so vom Hirn über die Tastatur in den iPad – die einzige geräuschlose Art des Schreibens am frühen Morgen, wenn der Rest der Urlauber noch schlief.

Die morgendlichen Spaziergänge in Florida verkürzten die Schreibzeit, aber nun hatte ich schon Routine. Vor 6:30 musste ich mein tägliches Schreibpensum fertig haben, dann war meine NaNoWriMo-Welt in Ordnung. Am 22.11. hatte ich meinen NaNoWriMo-„Gewinn“ im Kasten, hatte ich mein Ziel erreicht. 800.000 Schreiber in aller Welt haben dabei mitgemacht. Wie viele es geschafft haben, weiß ich noch nicht – bis Mitternacht letzte Nacht haben viele noch gekämpft. Die meisten Amerikaner haben gestern noch den Weihanchtsbaum aufgestellt und geschmückt, typischerweise wohl am Vortag des 1. Dezember. Und haben danach noch bis Mitternacht geschrieben.

Und ich? Ich habe mir gesagt: der November ist zuende. Ab heute beginnt das „normale“ Leben wieder. Ab heute wird gebloggt, was das Zeug hält. Ich bin im Rückstand. Aber eins habe ich im NaNoWriMo gelernt: es ist nie zu spät zum Schreiben. Es ist immer der richtige Moment zum Schreiben. Und heute, am Seetag zwischen Bonaire und St. Lucia, fange ich wieder an zu bloggen.

Why a travel blogger isn’t blogging while traveling

For three weeks we have been traveling, and you haven’t seen a single blogpost. What happened? Well, for one thing, we have been traveling with our friends Fee and Wolfgang through Florida. From their place near Tampa, in Seminole close to St. Petersburg, via Sanibel Island, Fort Myers Beach, to Naples and on, across the Everglades to Key West. We did the same trip last year, and this year, our friends wanted us to do it together. After Key West, Wolfgang and I did a moderately short hop to Miami where we boarded our ship, the Europa 2, and have since been cruising through the Caribbean Sea. Fee and the other Wolfgang had a much longer car ride that day, as they returned to Seminole.

So was the companionship on the trip enough to keep me from blogging? Every morning, Fee and I took a long walk along the beach in our respective destination. We started out at 7 am, and by the time we returned to pick up our well-rested spouses for breakfast, we had solved the world’s problems so our men did not have to do that. 😉 We saw the sights as one does, on vacation, the men watched the fishermen, estimated the value of the yachts in the harbour and studied the real estate flyers, trying to come up with the missing millions to buy a beautiful villa by the beach. Fee and I eyed the displays in the boutiques – did we possibly need a new bathing suit? Finally, in Naples, I bought a fountain pen, of course. And every single Michaels, an arts and crafts and stationery store in the US, we visited for yet another roll of washi tape. I am crazy about this Japanese paper sticky tape which I use to decorate letters, cards, and my travel journal. In Florida, there is pink flamingo tape available which I crave. We dined on fresh seafood and fish, we drank pink tropical cocktails, sadly without little paper umbrellas, and we ate the sweet-and-tart key lime pie that gave us our typical tropical vacation rush. And we watched exactly 14 amazing sunsets.

So all that kept me from blogging? Not quite. November is NaNoWriMo, National (that means US) Novel Writing Month. 800.000 writers and would be writers, published authors and novices, started writing on November 1, hoping to reach their goal of 1667 words per day, or 50.000 words until November 30. That’s the length of a short novel. Was I crazy to want to join this group of frantic writers in their race towards this writing goal? I did a test run, the day before NaNoWriMo started. My one chance was to write every morning from my usual early wake up until it was time for breakfast. Usually, that would be 3 hours from 5 am to 8 am. Was that enough for 1667 words? That morning, I started my project: I was not going to write a novel, but a biography of my time in China. Twelve years in a nutshell. And that morning, I wrote 1670 words in 1 1/2 hours. It’s doable! And so, the next morning, I signed up on NaNoWriMo’s website. Every day now, I would update my word count, and see a little line creep ever so slowly towards my goal. I would see my own graphics: my own word count compared with the original goal. Within a short time, I was well above the projected line, and I felt secure in the knowledge that, should I ever miss a day, I would be ahead enough not to lose ground. And I did not miss a single day. Writing every day became a habit, almost an addiction. Even though my writing mornings got shortened due to my daily early morning walk, I managed my 1667 words or more. By now, I had a routine in place.

But my travels? Wasn’t I supposed to be enjoying them? Truthfully, there is never the perfect moment for writing. There is always something that gets in the way. Maybe it’s a loved one’s birthday that month? I had 4 in November! For the Americans among us, it was even more difficult. Thanksgiving, their most important family holiday is towards the end of the month. School kids stay home for the holidays, college kids fly home, and dinner that day is a huge roast turkey with seven sides, no less. We all knew we were going to struggle. Did I manage? Yes, I finished early, and “won” NaNoWriMo on November 22. Many of us struggled until midnight last night. Americans seem to set up their Christmas tree on the last day of November. Most of us did that, and decorated, and then wrote until midnight. I am sure there will be statistics eventually, how many of us made it. For me, as a novice, it was a proud moment. And I threw in a couple more chapters, a few more China episodes, just for the fun of it.

And now NaNoWriMo is over, and “normal” life can resume. And I am in the Caribbean, on a ship, between Bonaire and St. Lucia – and though I am terribly behind, now is the moment to start blogging. It is always a good moment to write. So bear with me while I catch up, and share with you my fun tropical vacation.

7 thoughts on “Warum ein Reiseblogger auf Reisen nicht bloggt

    1. Hallo, Lilly, es ist tatsächlich ein wunderbarer tropischer Urlaub. Bald muss ich mich wieder auf Kälte umstellen, aber die Erinnerung wird bleiben, und wärmen!

      Like

  1. Fantastic read!

    Congratulations, and very well done to you on NaNoWriMo🥂

    I so look forward to reading your next blogg👍🏻😀

    Very best wishes, Amanda

    >

    Liked by 1 person

Leave a comment